Der wunderthätige Stein. (Ein Hanswurstspiel.) (Nach dem Altdeutschen.) Spieler. Hanswurst, ein Bauer. Dessen Frau. Wilhelm, ein Müller. I. (Schauplatz: Wohnzimmer des Bauers.) Hans und Frau. Hans. Frau, was trägst Du unter der Schürze herein? - Die Milchsuppe? Frau. Ja wohl habe ich hier die Milchsuppe, gelt, Du möchtest sie wieder allein ausfressen. Hans. Du mußt mit mir essen, mache nur erst die Thüre zu, daß und keiner in unsrer Mahlzeit stört. Frau. Das laß ich fein bleiben, geh selber hin und mach sie zu, kannst sie doch eben sowohl zumachen wie ich, aber Du willst nur unterdessen die Suppe allein ausfressen. Hans. Boß Schlapperment, Du mußt zumachen, oder ich werde Dir gewaltige greuliche Bumper auf Deinem gebenedeiten Kopf geben. Frau. Sieh her, bist Du so keck, sollst fürwahr zehne für einen bekommen, will sehn, wer Herr im Hause ist. Hans. Hör Frau, wir wollen uns nicht wieder streiten, wer der Oberherr ist, der Kaiser hat über uns beide zu befehlen; aber willst Du dies eingehen: Der erste, der ein Wort redet, soll die Thüre zumachen. Frau. Ich bin's zufrieden. Walte Gott, Vater und Sohn, da ist der Löffel. (Hans ißt mit der Hand, die Frau schüttelt mit dem Kopf, ißt aber doch, ohne ein Wort zu sagen; Wilhelm komt in die offene Thür getreten.) Wilhelm. Wie mag's kommen, daß die Thüre so weit offen steht und keiner ist zu Hause. Sieh, da sind sie. Gott grüß. Nachbar, wie könnt Ihr fressen! Guten Tag, guten Tag, Ihr guten Nachbarn. (Sie nicken ihm zu, aber schweigen.) Wie zum Teufel soll ich das verstehn, seit Ihr beide stumm geworden, mein ehrlicher Hans antwortet mir, es ist noch keine Stunde, daß ich mit Euch geredet hab', Ihr konntet des Schwatzens gar nicht genug kriegen von Eurem alten Pferde. (Er setzt sich zur Frau.) Meine gute Frau Nachbarin, was bedeutet es, daß Ihr nicht redet, wie zum Element kommt das, ist Euch die Zunge ausgeschnitten, oder narret Ihr mich, ein wunderlich Ding ist's. (Er giebt ihr einen Kuß.) Ich merk's schon, Ihr seit eingefroren, ich muß Euch aufthauen. Hans. Halt, laß mir meine Frau, das leid' ich nicht. Frau. Ha, ha, Du hast verloren und mußt die Thür zumachen. Wilhelm. Mein lieber Nachbar, was bedeutet das? Frau. Mein lieber Wilhelm, wir zankten uns darum, wer die Thüre sollte zumachen, da setzten wir fest, wer das erste Wort anfinge zu reden, sollte die Thüre zumachen, nun muß er sie zumachen, siehst Du, Hans. Hans. Ich muß sie nun wohl zumachen, aber Nachbar Wilhelm, Ihr habt die Schuld. Wilhelm. Wenn ich die Schuld habe, so will ich auch die Thür zumachen, aber Frau Nachbarin, kommt einmal mit mir, weswegen ich hereingetreten, da sollt Ihr einmal meinen Hahn bei Euren Hühnern sehen. Frau. Gleich Herr Nachbar. (Sie gehen aus der Thüre, legen sie aber nur an und sehen zuweilen hinein und lauschen.) Hans (vor sich). Der Hahn? Sein Hahn bei meinen Hühnern, daß ich Boß Schlapperment, mir däucht, daß meine Frau mir ein Paar Hörner aufsetzt, denn der Schel, mein Nachbar Wilhelm, weiß sich sobald mit ihr zu finden, was er ihr vorschlägt, das thut sie, mir zu Gefallen wär sie nimmermehr zur Thür hinausgegangen. Ja, es wird wohl nicht anders sein, der Schelm hilft, es ist mir diese Nacht eingefallen, da redete meine Frau zu ihm im Schlafe: Mein herzlieber Nachbar Wilhelm, und dabei küßte sie mich. Nun, ich werd's ja erfahren bei dem Teufelsmeister, der eben im Kruge angekommen, die Leute sagen, daß er einen Stein der Weisen habe, wodurch einer des andern Gestalt annehmen könne. Zu dem will ich gleich gehen; da will ich die Gestalt des Schelm Wilhelm annehmen, in der Gestalt will ich zu meiner Frau gehen. O ich bin listig, Frau, Du sollst mich nicht veriren. (Geht ab.) (Frau und Wilhelm kommen bald herein.) Wilhelm. Er hat uns nicht gesehen, er lief wie besessen vorbei, was mochte ihm im Kopfe stecken? Frau. Habt Ihr's denn nicht gehört, was er will. Wilhelm. Wenn meine Mühle nicht klappert, kann ich nicht sonderlich hören, auch hat der gute Hans eine schwache Stimme. Frau. Denkt nur, er hat mich diese Nacht behorcht und erzählte sich eben, wie ich im Schlafe gesagt, mein herzlieber Nachbar Wilhelm und wie ich ihn dabei geküßt. Wilhelm. Nun, ich will den Kuß von euch abküssen. Frau. Laßt das jetzt, wir haben Zeit genug dazu, wenn er ackert. - Nachher sagte er, daß ein Schwarzkünstler im Kruge angekommen sei, der könne einen Menschen in den andern verwandeln und da wollte er mich in Eurer Gestalt, herzlieber Nachbar Wilhelm, versuchen. Wilhelm. Wenn er meine eigene Gesalt annimmt, schlag ich ihn todt wie den ärgsten Dieb. Wozu wär ich denn, wenn ein andrerer meine Gestalt annehmen könnte. Frau. Gemach, herzlieber Nachbar Wilhelm, da weiß ich bessern Rath. Er sprach von einem Stein, womit der Schwarzkünstler die Leute so verwandle, der Steine giebt's viele, zieht Euch an wie der Schwarzkünstler und gebt ihm solchen Rath, daß er Eure Gestalt anzunehmen meint, so können wir ihn zum Narren brauchen nach unserm Gefallen. Wilhelm. Oho, das geht! Hans, Hans, was mußt Du alles ertragen, auch einen schweren Stein noch. Ist er schon auf dem Wege. Frau. Säumet Euch nicht, er ist schon hingegangen. Wilhelm. Der Knickbein geht langsam, ich springe über die Gartenzäune schneller nach dem Kruge und den Schwarzkünstler kenn ich recht gut, es ist ein Rattenfänger, der leiht mir gleich seinen großen schwarzen Mantel. (Eilt fort, die Frau sieht ihm freundlich nach.) II. (Schauplatz: Zimmer im Kruge, wo der Schwarzkünstler wohnt, mancherlei Flaschen stehen umher. Wilhelm kommt eilig und zieht sich einen schwarzen Mantel über.) Wilhelm. Mit dem Rock bin ich der Schwarzkünstler, meinem guten Nachbar Hans etwas weiß zu machen, was ihn auf immer beruhigen soll, da kommt der alte Narr. Hans (kommt). Nun bin ich ja wohl in dem Zimmer, wo der Teufelsmeister wohnen soll; ich kann's nicht vergessen, daß meine Frau sagte: Mein herzlieber Nachbar Wilhelm und wie sie mich dabei küßte, so hat sie mich nie geküßt. (Wilhelm macht eine Bewegung an dem Buche, woran er sitzt und zieht einen Kreis.) Oho, ich glaube, das ist der Teufelsmeister, erst sah ich ihn für einen Mantel an, ich muß wohl zu ihm gehen. Guten Tag, Herr Teufelsmeister. (Er will ihm im Kreise seine Hand bieten, Wilhelm weißt ihn zurück.) Wilhelm. Ich rathe Euch, kommt nicht in diesen Kreis, oder der Teufel nimmt Euch mit und ich kann Euch nicht helfen. Hans. Aber warum heißt Ihr denn des Teufels Meister, wenn Euch der Teufel nicht gehorchen will? Wilhelm. Warum sagt denn die Bibel jeder Frau, der Mann soll dein Herr sein, hört Eure Frau darauf. Hans (vor sich). Es ist der Teufelsmeister, er weiß auf's Haar, wie es bei mir steht. (Laut) Sagt mir doch das Eine noch, was hat denn meine Frau in der letzten Nacht gesprochen? Wilhelm. Sie sagte: Laß mich ungeschoren mit Deinem herzlieben Nachbar Wilhelm wenn Du mit ihm trinken willst, so bleib ich im Wirthshause. Hans (vor sich). Vom herzlieben Nachbar Wilhelm habe ich wohl gehört, vom übrigen weiß ich nichts. (Er wirft seinen Hut in den Kreis.) Oho, Herr Teufelsfelsmeister, es ist nicht wahr, was Ihr vom Kreise gesagt habt. Wilhelm (vor sich). Ich glaube, er merkt was. (Laut) Warum sollte das nicht wahr sein, wie weißt Du das? Hans. Ja, seht nur, meinen Hut habe ich in den Kreis geschmissen und der Teufel will ihn nicht wegnehmen. Wilhelm. Der Teufel frägt viel nach Deinem alten verregneten fuchsigen Hut, Du aber solltest da nicht halb so lange innen ausdauern. Sag an, was ist Dein Begehren? Hans. Mein lieber Herr Teufelsmeister, ich habe eine Frau zu Hause, die ist ein wenig schön und sehr jung und ich bin eben nicht sonderlich häßlich, aber sehr alt und neben mir an wohnt ein junger Müller, der heißt Wilhelm, der Schelm ist immer bei meiner Frau gewesen, wenn ich von der Arbeit nach Hause gekommen bin, auch hat meine Frau im Schlafe gesagt: Mein herzlieber Nachbar Wilhelm. Hierüber kann ich mich nicht zufrieden geben, ich muß es recht erfahren, ob der Schelm, der Wilhelm, bei ihr Eingang hat, derhalben wollt ich Euch bitten, Ihr möchtet mir die Schelmen-Gestalt des Wilhelm geben, mit der will ich sie auf die Probe stellen. Wilhelm. Wenn Ihr weiter nichts verlangt, das kann ich Euch bald verschaffen, und Euer Anschlag zeigt einen klugen praktischen Kopf. Hans. Ja, es ist wahr, ein gewaltig praktischer Kopf bin ich. Wilhelm. Gebt nur einen Dukaten her, so sollt Ihr gleich den wunderthätigen Stein der Weisen bekommen, der die Menschen verwandelt. Hans. Hier ist der Dukaten. Wilhelm. Da nehmt diesen Stein und steckt ihn in die Tasche. Hans. Es ist ein sonderlich schwerer Stein, er möchte mir wohl die Tasche zerreißen und da gäbe es Schelte von meiner Frau. Wilhelm. Haltet Euch die Ohren zu, wenn sie keift. Hans. Dann schlägt sie mir darauf, doch das wird sie ohnedies thun, wenn sie merkt, daß ich hinter ihre Schliche komme. Nun sagt weiter. Wilhelm. Wenn Ihr den Stein auf Euren Kahlkopf legt und dabei an Wilhelm denkt, so seid Ihr in Wilhelm verwandelt und jedermann hält Euch dafür. Hans (legt den Stein auf den Kopf.) Nun Herr Teufelsmeister, wie seh ich jetzt aus. Wilhelm. Ihr seht aus wie ein junger schöner Kerl, der rothe Backen hätte, wenn er nicht vom Mehl eingestäubt wäre, Ihr habt ein Paar muntre Beine und eine Jacke von hellblauem Tuch. Hans (vor sich). Das hat er getroffen (steckt den Stein in die Tasche). Herr Teufelsmeister, wie seh ich nun aus. Wilhelm. Wie Ihr vorher ausgesehen, Euer Gesicht faltig und bleich, die Zähne stehen ungleich wie Grabsteine, Eure Beine wie die Bäume am Wege, woraus die armen Leute dne fetten Riehn gehauen, daß sie auf einen Wind warten, der sie umstoßen soll, wo Euer Bauch sein sollte, da gleicht Eure Weste einem ausgenommenen Reste und Eure dürren Hände scheinen aus altem Lederzeuge geschnitten. Hans. Ja, ja, das ist richtig, Ihr seid ein rechter Teufelsmeister, ich kann kaum mehr Abschied von Euch nehmen, solche Ungeduld plagt mich, meine Frau zu versuchen, ich schenk Euch noch einen Dukaten, wenn alles gut abläuft. Habt Dank, tausend Dank. (Ab.) Wilhelm (wirft dem Mantel fort.) Wenn ich auch noch so stark übermesse in meiner Mühle, so rasch kann ich doch keinen Dukaten verdienen, wenn's nur immer so ginge, ich legte mich von der weißen auf die schwarze Kunst. Doch ich muß mich rasch aufmachen, um den Spaß mit anzusehen, der Spaß ist mit keinem Gelde zu bezahlen, auch muß ich die Frau von allem unterrichten. (Ab.) III. (Schauplatz: Vor den Häusern des Bauers und des Müllers). Hans (kommt ermüdet mit dem Steine). Uf, die Kunst ist schwer, aber es ist auch eine recht künstliche Kunst. Der Stein ist der wahre Karfunkel. Jetzt will ich ihn gleich auf die Probe stellen, denn der Teufelsmeister könnte mich doch angeführt haben, um meinen Dukaten zu erschnappen. Da kommt der Wilhelm, der soll einmal erschrecken, wenn er sich selbst sieht, da wird er meinen, daß er stirbt. (Er legt den Stein auf den Kopf.) Wilhelm (kommt in seiner gewöhnlichen Kleidung). (Vor sich) Jetzt will der Kerl mich vorstellen, er hat den Stein auf den Kopf gelegt, als sollte er ihm die Hörner eindrücken, wenn ich so aussähe, wäre ich doch zu nichts gut. (Laut) He, was Teufelsspuk ist das, ein Kerl bei meinem Hause, sieht gerade aus wie ich, habe doch keinen leiblichen Bruder, das ich wüßte, ob wohl mein Vater selig so einen Nebensprößling hinterlassen hat. Freund, wer seid Ihr? Hans. Ich bin der Müller in diesem Dorf. Wilhelm. Heiliger Gott, der Müller und wie heißt Ihr? Das bedeutet meinen Tod. Hans. Wilhelm heiß ich. Wilhelm. Alle gute Geister loben Gott den Herrn. (Er stellt sich erschrocken und läuft davon.) Hans. Lauf nur, Du einfältiger Narr, wenn Du nicht mehr Herz bei meiner Frau gezeigt hast, da wirst Du ihr nichts angethan haben. Nun kommt aber das schwerste Stück mit meiner Frau, ich fürchte wenn ich ihre Stimme höre, mir wird alle Luft vergehen, sie zum Besten zu haben. - Pfui Dich, Hans, faß ein rechtes Herz, klopf an Deine Hausthüre. - (Er klopft.) - Holla, holla, mein guter Nachbar, kommt ein wenig heraus. Frau. Wer ist da? Hans. Ach Gott, was sprech ich jetzt? Frau (kommt heraus). Seht, Nachbar Wilhelm, seid Ihr's, seid mir willkommen. Was wollt Ihr? Hans. Ich danke Euch. Sagt mir, wo ist Euer Mann. Frau. Mein Mann ist gleich nach dem Essen ausgegangen und ich weiß nicht, wo er bleibt, ich sorge, daß er ein Unglück gehabt habe. Hans. Laßt ihn laufen. Ich hab's um so besser getroffen Nachbarin, laßt uns mit einander fröhlich sein. Frau. Warum denn das? Bringt Ihr uns eine gute Nachricht, steigt das Korn? Hans. Ja, es steigt, und darum gebt mir einen Kuß, wie ich ihn oft von Euch empfangen, wenn wir allein waren. Frau. Pfui Dich an, Du schlechter Mensch, denkst Du mich zu verunehren? Was weißt Du von mir Böses, Du Lügner? Wann hab' ic hDIr, Schelm, einen Kuß gegeben? Eine Ohrfeige gäb ich Dir lieber in Dein lügenhaftes Angesicht. Hab' ich nicht meinen herzlieben Mann Hansen? Wofür wär der? Und ist es nicht immer mehr Ärger gewesen, wenn er Dich zum Trinken mit ins Haus schleppt. Dich sollen hier alle Elemente holen, ich will Dich von der Thür jagen, daß Du nicht wissen sollst, wie Du davon kommst. Hans. Frau, das ist Euer Spaß, ich kenne Euch besser. Frau. Sollst mich gleich noch besser kennen. (Sie geht hinein.) Hans. Das ist mir eine ehrliche Frau, eine fromme, aufrichtige, ehrliche Frau, hätte es doch nie gedacht. Frau (kommt mit einem BEsen und schlägt auf ihn). Kennst Du mich nun, Du Schelm, Du Lügenmaul, willst Du noch einmal Deine ehrliche Nachbarsfrau beschimpfen. Hans. Schlag zu, schlag zu. Haben mir doch niemals Schläge so wohl gethan. Frau. Sollst sie schon fühlen. Du diebischer Müller. Hans. Ja, der war gut. Au weh! Ich hab' genug. Hätt ich nur den Stein wieder in die Tasche. (Er steckt ihn ein.) Frau. Was ist denn das? Wie bist Du mir unter die Hände gelaufen, Hans? Wo blieb denn der Wilhelm, der Schelm? Hab' ich Dich unversehens getroffen, herzlieber Mann? Hans. Meine liebe Frau, ich dank Dir für jeden Schlag, ach, wie hat mir das so wohl gethan! Frau. Was wohl gethan, wenn hier der Erzschelm, der Wilhelm, in Deiner Anwesenheit kommt und will mich küssen und sagt mir, er hätte mich schon oft geküsst. Hans. Es ist alles gut, ja Gott sei gedankt, ich bin von Herzen darüber froh. Frau. Was, Du ehrvergessener Mann, Du freust Dich, wenn Deine ehrliche Frau beschimpft wird, ei da sollst Du auch noch Dein Theil haben. (Sie schlägt ihn.) Hans. Juchhei, ich habe die ehrlichste Frau im ganzen Dorfe, es kostet mir aber ein Paar Rippen. Frau, laßt jetzt gut sein und hör mich an. - Ich bin ein großer Künstler. Frau. Du magst der rechte sein. Essen ist deine beste Kunst. Hans. Sieh mir recht zu, wer bin ich? Frau. Wer sonst, als mein alter Hans. Hans (legt den Stein auf den Kopf.) Wer bin ich nun, aber schlag mich nicht. Frau. Ja, da ist ja wieder der ehrvergessene Wilhelm; wart nur, mein Hans ist gekommen, der wird Dir den Dank auf den Rücken schreiben. (Sie will ihn schlagen.) Hans. Frau sei doch gescheidt, ich bin ja der Wilhelm, ich habe nur seine Gestalt angenommen, schlag nicht wieder, sieh nur, wie ich den Stein in die Tasche stecke, bin ich wieder Hans. Sieh Frau, so kann ich zaubern. Nicht wahr, das hättest Du mit keiner Mistgabel in mir gesucht. Frau. Ich kann es noch nicht glauben, ich meine Du bist der Wilhelm, der sich wie mein Hans anstellt. (Er macht ihr den Versuch mit allerlei Späßen noch einmal vor und erzählt, wie er alles vom Teufelsmeister gelernt.) Aber sag mir nur, warum Du den Nachbar Wilhelm nachgemacht hast. Hans. Laß es gut sein, weiß ich doch nun für einen Dukaten, daß Du ein ehrliches Weib bist, darum vergieb mir meinen Unglauben an Dir, ich glaubte, er hielte mit Dir zusammen. Frau. O mein lieber Mann, das vergebe Dir Gott, ich will Dir gern vergeben. Aber sieh, da kommt ja der Wilhelm so verstört. Wilhelm (kommt und versteckt sein Lachen unter Weinen). Liebe - treue Nachbarsleute, Gott erhalte Euch und schenke Euch Kinder und Kindeskinder - und wenn es Euch gut schmeckt, so denkt an mich, - und pflanzt einen Rosmarinenstengel auf mein Grab - meine Tage sind gezählt - wer weiß, heute oder morgen, wann mir mein Stündchen schlägt. Frau. Je, Nachbar, was fehlt Euch. Warum denkt Ihr zu sterben. Hans. Ich weiß es schon, Frau (lacht). Wilhelm. Ach, lieben Leute, es ist nur zu gewiß, ich muß sterben, denkt nur - ach ich kann es vor Jammer nicht sagen - ich habe mich selbst gesehen, hier war's, an dieser Stelle. Und das weiß ich von meinem Vater selig, als er sich selbst gesehen, da starb er bald. Hätte doch gern noch was vom Heirathen gewußt vor meinem Tode. Hans. Nachbar, Ihr dauert mich, habt es immer so redlich mit mir und mit meiner Frau gemeint, ich will Euch aus dem Irrthum reißen. Beruhigt Euch, es war kein Todesgesicht, was Ihr gesehen, ich habe zaubern lernen, seht her, ich kann, wie ich den Stein auf den Kopf lege, mich in Euch verwandeln. Wilhelm. Macht mir nichts weiß, ich bin kein Narr. Hans. So seht nur her. Frau. Sehr nur her. Wilhelm. Hölle und Satan, da steh ich selber, wie ich leib und lebe. Gottes Wunder, dreht Euch einmal um, ob Ihr auch von hinten so ausseht wie ich? Hans. Gleich seht zu. (Indem sich Hans umdreht, küßt Wilhelm die Frau.) Wilhelm. Wahrhaftig Nachbar, Ihr habt einen wunderthätigen Stein, mein lieber Hans, es ist doch gar eine kunstreiche Kunst, die Ihr könnt, laßt sie doch all unsern Bauern sehen, Ihr müßt sie zusammenläuten, sie müssen Euch zum Schulzen wählen, denn wenn die Feinde wiederkommen, so verwandelt Ihr Euch in eine Schwadron Dragoner und jagt sie alle zum Dorfe hinaus, daß sie unsre Weiber nicht verführen. (Hans will die Glocke ziehn, die Frau hält ihn.) Hans. Laß doch, Frau, es sollen jetzt alle Leute wissen, daß ich so künstlich und Du so ehrlich bist. Frau. Ei was, wir müssen unser Kunststück hübsch für uns behalten, sonst macht es ein jeder nach und da gilt es nichts mehr, wir müssen's nicht an die große Glocke hängen, wir können noch viel damit verdienen. Hans. Seitdem ich weiß, daß Du so ehrlich bist, da will ich Dir in allem folgsam sein und den Stein geheim halten. Quelle: Ludwig Achim von Arnim, Schaubühne Zweiter Band, Sämmtliche Werke 6, 1840, Berlin, bei Veit & Comp., Herausgegeben von Wilhelm Grimm, S. 89-106.